Kapitel 1 Das Zusammentreffen

„ Oft genug. Aber sieh bitte über mein minimales Ausdruckspotential hinweg. Ich will dir wirklich helfen. ” So offen wie sie es fertig brachte starrte sie ihn an.

Wieder knurrte er leise.
"Du bist vermutlich auch im Sattel geboren."
Er konnte es nicht haben, hilflos zu sein.
Sollte er es vielleicht doch einfach tun? Dann wäre es viel bequemer im Sattel...Der Sattel drückte ihn einfach am Bauch und dass seine Vorder und Hinterläufe unnütz an den Seiten des Pferdes baumelten, machte ihn nervös.

„ Genau. Aber tu dir keinen Zwang an. Du schlägst dich tapfer im Vergleich zu manch anderem. Ich stell mir das nicht gerade bequem vor, so eine Haltung lange zu halten... ”

"Wie Recht du damit doch hast..."
Er entschied sich, noch ein bisschen zu warten.
"Woher kommst du?"

„ Spiel hier nicht den Helden.“ Bis jetzt war Freja kaum aufgefallen, dass der Himmel aufgeklart hatte. Die Luft duftete. „ Ich arbeite auf einem Hof in Wilderland, also von nicht allzu weit her.” Sie sah Sharan von der Seite an. „ Aber so wie ich Herrn Wolf kenne, wird er nicht ohne weiteres seine Lebensgeschichte darlegen?”

Sharan sah sie an.
"Ich habe dir doch bereits erzählt, dass ich bei den Wölfen aufgewachsen bin, in einem Rudel - meiner Familie.
Ursprünglich komme ich allerdings von den Amazonen."

„ Ah! Das ist ja ganz was neues... Ein männlicher Wolf wird bei den Amazonen geboren. Du bist ein Mensch.“

Sharan musste grinsen.
"Na, immerhin habe ich nur einen uneinfühlsamen Gefährten und keinen dummen."

Freja lächelte breit. „ Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Wölfchen. Magst du erzählen, wie du bei den Wölfen gelandet bist?“

Sharan zuckte die Schultern.
"Ich kann mich daran nicht mehr erinnern. Meine Familie hat mir erzählt, dass ich als Wolfswelpen im bitterkalten Schnee lag und sie mich aufgenommen haben. Sie haben wohl ziemlich bald bemerkt, dass ich anders war, doch das störte sie nicht. Auch haben sie mir erzählt, dass die Amazonen ihre männlichen Babys einfach im Schnee aussetzen und sich selbst überlassen. Einige Frauen töten ihre kleinen Jungen auch sofort."
Ein trauriger Glanz schimmerte kurz in seinen Augen, war jedoch sofort wieder verschwunden. Seine Familie waren die Wölfe, so ist es immer gewesen und wird es auch immer sein.

Leicht bedröppelt sah Freja ihn an. „ Hey. Es ist fantastisch, wie du das überstanden hast, ich, ich danke der Frau, die dich nicht getötet hat.“ Sie sah ihn gutmütig an, dann folgte sie schweigend der Straße.

Sharan nickte.
"Ja, der sollte ich wohl auch dankbar sein...aber wieso du? Wir kennen uns ja noch nicht mal richtig."
Unruhig rutschte er ein wenig auf dem Pferd hin und her, langsam wurde es echt unbequem.

Freja sah ihn über die Schulter an, schüttelte den Kopf, blickte wieder nach vorn. Dann schaute sie wieder in seine Augen. „ Muss man sich immer richtig kennen?” Sie bemerkte, wie Fors Bewegungen unrhythmischer wurden, als sie angespannt vorwärts lief.

Sharan legte den Kopf schief, sah Freja an.
"Hm, wie es scheint wohl nicht."
Er wusste nicht so Recht, wie er mit der Situation umgehen sollte..
"Würdest du For wohl mal anhalten? Es wird mir zu unbequem, ich denke, in Menschengestalt wäre es besser..."

was habe ich da gesagt? WAS HABE ICH DA GESAGT! Wie paralysiert stoppte Freja das Pferd, starrte geradeaus. WAS HABE ICH DA GESAGT? Sie konnte, wollte, durfte, mochte, schaffte es nicht, ihn anzusehen. was habe ich da gesagt...

Sharan schob sich vorsichtig mit dem gesunden Hinterbein nach vorne, sodass er mit den Vorderbeinen zuerst am Boden aufkam.
Dann schnappte er sich seinen Beutel und lief kurz in ein Gebüsch.
Kurze Zeit später kam ein junger Mann mit weißem Leinenhemd, Wams und brauner Wollhose aus dem Gebüsch hervor. Er humpelte.
"Gott fühlt sich das komisch an..."

Freja bekam fast einen Herzinfarkt, als sie sich nach dem Rascheln im Gebüsch umsah. Meine Fresse! Der hat Augen wie so´n grüner Tümpel.. Als sie das Gefühl hatte, eine seriöse Miene aufgesetzt zu haben (es dauerte eine Weile), stellte sie fest: „ Möchtest du wieder aufsteigen? Gut zu Fuß bist eher nicht.“

Sharan lächelte verlegen.
"Damit hast du wohl Recht. Also, wenn du und For nichts dagegen haben..."

„ Kommst du allein rauf?“ Erleichtert, die gewohnte Arroganz wieder zu haben, lächelte sie Sharan an. Wenn ich ihm nicht in die Augen seh, gait dat schon. „Der hübsche Trick mit dem ablegen klappt leider nicht, weil du jetzt zu schwer bist.“ Fügte sie erklärend hinzu.

Sharan nickte.
"Das geht schon..."
Er stellte den linken Fuß in den Steigbügel und stieß sich schnell mit dem rechten, verletzten Bein ab, schwang es über den Rücken und saß vorsichtig ein.
"So, oben. Viel bequemer als vorher."

Sie nickte ihm zu. „ Tapferer Bursche.“ Sie schlug ein forsches Tempo an, dachte dankbar an ihre gute Grundkondition und stiefelte die Straße entlang. Nahezu unschuldig schön war der Tag nach diesen schlimmen Ereignissen geworden, es war ein wirklich goldener Abend.

Sharan beobachtete sie.
"Hör mal, in spätestens einem Tag müsste ich selbst wieder laufen können, vielleicht sogar auch früher."

„ Bei der Wunde? Das müsste Wochen dauern... Verheimlichst du mir etwas? “ Immer für eine Überraschung gut... Angeber.

Sharan grinste.
"Wenn es Wochen dauern würde, hätte ich bei dem Wettkampf wohl ein Problem. Sobald ich nicht mehr so erschöpft bin, wird das schon gehen."

„ Ist ja gut, ich wollte nicht bohren.“ Freja sah sich um. Kaum merklich hatte sich der Wald gelichtet und allmählich erschienen Lichtungen links und rechts des Weges, getaucht in das rote Licht des Abends. Es war völlig ruhig bis auf das Klappern der Hufe, als sie die Stille brach: „ Wie siehts aus- wollen wir jetzt kurz Rasten und ein kleines Abendmahl nehmen? Wenn wir danach bis Mitternacht weitergehen, sollten wir die Stadt schon sehen können.“ Sie lief ein kurzes Stück rückwärts, um ihn anzusehen. Sie schnitt eine Grimasse. „ Außerdem solltest du dich etwas bewegen, deine Muskeln müssten verspannt sein- wenn das mit der Wunde geht.“